- „Familie ist, wo das Herz zuhause ist.“
- „Familie bedeutet, dass niemand zurückgelassen oder vergessen wird.“
Immer im Büro …


Übung macht den Meister

Breitbeinig


LIVE aus dem Paradies

Das Leben ist schön.


Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten
Teil 1
12 Jahre lang – von 1999 bis 2011 – nannten wir ein Condominium in Raleigh, NC, unser 2. Zuhause.

Mein Mann war viel häufiger und länger dort als ich. Manchmal hat er gezwungener Maßen mehr gehaust als gelebt. Dieses Condominium in einer Subdivision von Raleigh, hat ihn in Atem gehalten. An seine eigentliche Arbeit, nämlich Kooperation im Video- und Mediengeschäft, war überhaupt nicht zu denken. Jedes Mal, wenn er dort ankam, war eine andere Katastrophe zu beheben, das Recht auf Entschädigung und/oder Beheben der Schäden durch zu setzen und die Folgen zu überstehen – von der umfangreichen Grundsanierung mal ganz abgesehen. Es gab allein 6 oder 7 Wasserschäden, einen massiven Einbruch, wir waren im ständigen Konflikt mit dem Management und den Beiräten (hier Boardmember genannt). Unsere Dokumentationsordner füllen Festplatten und Schränke. Es existieren tausende Fotos. Die Anfangseuphorie ist ziemlich schnell dem Frust gewichen. Um das alles auf zu arbeiten, könnten wir Heerscharen von Psychologen beschäftigen. Da wir dafür kein Geld haben und auch nicht so Recht an den Erfolg glauben, verarbeiten wir diesen Ausflug ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten in kleinen Episoden und stellen fest, dass vieles im Nachhinein einen eher komischen Touch bekommt.

Als wir unsere Kaufabsicht zu diesem Condo ernsthaft bekundeten, hat ein sog. Home-Inspector diese Wohnung begutachtet. Das fanden wir gut und das Ergebnis, x Seiten Zustandsbeschreibung mit nix Schlimmen drin, hat uns beruhigt – wir würden nicht die Katze im Sack und auch keine bauliche Ruine kaufen. Doch, der sensible Zuhörer/Leser ahnt es längst: Dieses Gutachten war ein Fake, genau so wie der Swimming-pool,


wie der Tennisplatz, wie die Millionärs-Chance, wie der sprichwörtliche amerikanische Fortschritt … Wir haben Stoney Hollow umgetauft in Stoney Horror und ich wette, kein amerikanischer Käufer hätte sich die Mühe mit der Wohnung gemacht wie ein alter deutscher Sturkopf und Überzeugungstäter-in-Sachen-Renovierung vom Kaliber eines Eckhard Endruschat. Das erste neue Möbelstück für unseren hoffnungsvollen Haushalt und die zukunftsorientierte amerikanische Zweigstelle unseres damit weltweiten Business war ein Regie-Stuhl und das war auch gut so. Denn nachdem er den Zustand der Wohnung selbst in Augenschein genommen hatte, musste er sich erst mal setzen und bis er wieder zu sich kam und zu wenigstens einem klaren Gedanken fähig war, war mindestens die erste Woche als stolzer Besitzer einer Eigentumswohnung in USA vorbei.- Da haben wir wohl mit Unterstützung eines offiziellen Home-Inspectors voll in die Sch… gegriffen –

Wie amerikanische Wohnungen eingerichtet sind oder der amerikanische Geschmack
Die ersten Möbelstücke in der frisch erworbenen Eigentumswohnung waren ein Klappstuhl und eine Luftmatratze. Also wenn das unsere Wohnung werden sollte und wenn auch nur die Zweitwohnung, dann musste was passieren. Amerika ist das Land der Konsumenten und die Shopping-Center sind randvoll. Also stürzen wir uns ins Getümmel. Auf der Einkaufsliste stehen
1-3 Betten inkl. Decken, Kissen, Laken, 1 Couch und Sessel, Esstisch und Stühle, 2 Schreibtische, Regale, Lampen, Gardinen natürlich – es soll ja ein bisschen wohnlich-gemütlich sein.

Zum Thema Betten: mit einem Wort Plüsch und Plum auf wackeligem Gestell! Bombastisch, mit Kissen überladen, Matratze auf Matratze, Boxspring und Volants rundherum; noch dazu in Farben und Mustern, die mir schon beim bloßen Anschauen Albträume bereiteten – und die Vorhänge im selben Muster …
Dazu muss man wissen, dass die Amerikaner Beige- und Chamoit-Töne bevorzugen; d.h. Zu Plüsch und Plum aufgehäufte Kissen- und Bettenberge und Tagesdecken – ein Albtraum in Creme.
Twin- oder Queen- oder Kingsize? Das ist hier die Frage! Mit Skirt, Comforter, bedspread ? Das ist die nächste Frage. Unsere aus D mitgebrachte Bettwäsche war so nutzlos wie unsere deutsche Kreditwürdigkeit. Was hat mein lieber Mann gemacht? Aus deutschem Markenlattenrost (im Flieger mitgenommen), selbst gezimmertem Rahmen, einer halbwegs ordentlichen Matratze und einem super dicken Foamtopper unser 2x2m Bett selbstgebaut – das beste Bett, in dem ich je geschlafen habe – es war einfach himmlisch!! In den 12 Jahren hatten wir nie ein amerikanisches Bett und das war auch gut so.

Zum Thema Couch und Sessel: im Prinzip ähnlich der Bettgeschichte → groß, wuchtig, unbequem und von der Eleganz eines Güterwagons – unser Gelsenkirchner Barock ist harmlos leicht und geradezu geschmackvoll dagegen. Und was, um Himmels Willen, stopfen die Möbelbauer in die Couchpolster – außer Luft? Kurz und knapp – nix für mich. Unsere Lösung? Sie ahnen es schon: die leichten schwedischen Swinger auseinander gebaut, zusammen gepackt und ab in den Flieger von Deutschland direkt in die USA. Unsere amerikanischen Gäste haben nicht schlecht gestaunt: diese alten Europäer haben doch wirklich einen komischen Geschmack! Aber bequem sind die Leichtgewichte schon, nur sie machen nichts her, sind nicht repräsentativ, können nicht beeindrucken und angeben kann man auch nicht damit. Das ist nix für einen echten Südstaatler. Inzwischen gibt’s in Washington einen schwedischen Möbel-Laden.

Zum Thema Gardinen: da bin ich fast gescheitert – natürlich habe ich die Stores aus D importiert, nur anbringen ließen die sich nicht. Ich hatte natürlich, nach meinen Erfahrungen mit dem amerikanischen System, den Anbringungszubehör gleich mit im Gepäck (die Gardinenstange mit zum Knubbel zusammengebundener Ringe am oberen Ende sah aus wie eine gefährliche Haubitze, und gedanklich hatte ich mich schon auf die Diskussion mit der Zollbehörde eingestellt, aber entweder haben die Beamten das nicht als solche erkannt oder mich nicht ernst genommen – ich gehe von Letzterem aus). Vielleicht haben Sie schon mal in einem amerikanischen Film gesehen, dass ein Bösewicht oder Trottel die gesamte Gardinen-Dekoration mit Leichtigkeit runterreißt. Ich durfte feststellen, dass das weder ein Filmtrick noch ein Kunststück ist. Die Wände sind dünn und aus etwas stärkerer Pappe, dahinter ist ein Hohlraum. Alles, was man daran anbringt, kriegt man schon durch einmal scharf Angucken zum Absturz. Bei dieser Bauweise verwendet man für Gardinenstangen oder Bilder lieber großflächig verteiltes Pattex als Nägel oder gar Schrauben mit Dübel. An Regale ist überhaupt nicht zu denken – aber wozu auch, zu Hause wird sowieso nicht gelesen und Lesen gehört auch nicht zum amerikanischen Entertainment. Um eine lange Story kurz zu machen: unsere Fenster sind – bis auf eine Ausnahme – nie über das „Blind“-Stadium hinausgekommen.

Zum Thema Fernseher: Das heißt im Amerika „Entertainment Center“ und beherrscht den Raum. Die Fernseher sind so groß wie Scheunentore, (dafür wurde der Plasma-Bildschirm erfunden – eine echte Erfindung aus USA – siehe Kapitel „Erfindungen“) was bei der üblichen NTSC-Qualität auch nicht hilfreich und, wie alles, was die Amerikaner benutzen, nicht bezahlt – alles auf Pump. Alle Möbel in dem Raum sind halbkreis-förmig auf das Entertainment Center ausgerichtet, die Couch, die Sessel, der Esstisch (falls es so was in dem Haushalt überhaupt gibt) und die Stühle, die Beistelltischchen, das Hundekörbchen, das Katzenklo und der Kühlschrank. Das, was wir in amerikanischen Filmen sehen, stimmt wirklich: der Fernseher läuft rund um die Uhr. Der Durchschnitts-Amerikaner sitzt nahezu reglos auf seiner Durchschnitts-Couch und kompensiert seine Langeweile mit Kartoffelchips, die er in großen Mengen in sich rein schaufelt und im Umkreis einer Armlänge um sich rum gleichmäßig verteilt (die Kakerlaken wollen ja schließlich auch leben). Diese Spezies nennt man „Couch Potatoes“. Sie tragen einen heimlichen Wettstreit aus: Wer ist der Dickste im ganzen Land und darf ins Guinessbuch der Rekorde. Damit sie sich auch wirklich nicht über Gebühr bewegen müssen, hat Robert Adler 1948/50 die Fernseh-Fernbedienung erfunden.
Am Ende werden sie mit einem Kran von der Couch und weg vom Fernseher in ein Krankenhaus geschafft. Dazu muss die halbe Hütte abgerissen werden und in der Klinik beanspruchen sie mindestens 3 Betten. Aber zurück zum Fernseher:
Wie viele Fernseh-Kanäle es tatsächlich gibt, wissen wir nicht, denn dafür haben wir uns nicht angemeldet; konnten also die amerikanischen Programme auch nicht genießen. Statt dessen legten wir uns eine stattliche DVD-Sammlung zu und wühlten, wo auch immer wir die Gelegenheit hatten, in den großen Kisten der 5-Dollar-DVDs nach brauchbaren Film-Schätzen. Unser Frühstücksfernsehen bestand aus Bucks Bunny, Looney Tunes, my name is Earl, und ähnlichen kulturellen Highlights.
Zum Thema Kühlschrank und sonstige „Appliances“

Eins müssen sie alle sein: Groß, besser Riesengroß und Stromsparend brauchen sie überhaupt nicht zu sein, schließlich kommt der Strom ja aus der Steckdose.
Der Kühlschrank ist in einem amerikanischen Haushalt Kult- und zugleich Statusobjekt → je größer der Kühlschrank je wichtiger der Eigentümer. Muss eigentlich auch sein, denn die üblichen Getränke wie Milch, Säfte, Wasser und Wein gibt’s hauptsächlich in Gallon-Größe (also ca. 4 Liter). Grillfleisch hat auch die Größe eines halben Schweins oder ¼ Rinds, die Fastfood-Geschmacksverstärker sind voluminös Luft-verpackt im Styropormantel und Pizzas sind so groß wie Planwagenräder. Will heißen, auch der größte Kühlschrank ist nach einmal einkaufen schon voll!
Zum Thema Bäder
Im Gegensatz zu deutschen Wohnungen haben die modernen amerikanischen Wohnungen 1 Bad je Schlafzimmer und nicht 1 Bad je Wohnung. Das ist wirklich eine segensreiche und kluge Einrichtung. Unsere Wohnung wurde ca. 1975 gebaut, da war man noch nicht ganz so großzügig mit den Bädern, aber immerhin hatten wir 3 Schlafzimmer und 1,5 Bäder, will heißen:
1 Vollbad mit einer kleinen Wanne (etwas größer als eine Duschtasse), Handwaschbecken und Toilette, klein aber in gewissem Sinn vollständig und ausreichend für eine schlanke Person.

1 halbes Bad, quadratmeter-mäßig größer als das Vollbad, bestückt mit Toilette und Handwaschbecken in die hintere Ecke gequetscht und mit 2 monströse Maschinen: Waschmaschine und Trockner, so riesig, dass der Zugang zum Bad halb verstellt war. Vom Trockner führte ein dickes Abzugsrohr nach oben zur Decke – für uns alte Mittel-Europäer eine merkwürdige Konstruktion, unpraktisch und ausgesprochen geschmacklos. Nachdem unser deutscher Handwerker, den wir extra einfliegen ließen, dieses ½ Bad „in seine bewährten Handwerker-Hände“ genommen hatte, war’s ein schmuckes, helles, wunderschönes, rundherum gefliestes Bad mit großzügiger Eckdusche – das schönste Bad in der ganzen Subdivision und immer wieder von unseren Nachbarn bewundert. Und damit wir mit unserer Wäsche nicht in den wunderbaren Waschsalon nebenan mussten, hatte mein Mann die geniale Idee, eins der beiden Closets im Flur zur „Waschküche“ umzubauen: Kleine, feine Waschmaschine unten und kleiner feiner Trockner oben, Beleuchtung, Strom, Wasseranschluss vom daneben liegenden Bad und der Abzug für den Trockner verschwand direkt in der Decke. Hinter der Waschmaschine hatte sogar der Gartenschlauch einen perfekten Platz – eine geniale, praktische und unauffällige Lösung.
Auch in Amerika kommt der Strom aus der Steckdose
– Outlet genannt – aber wie kommt er dahin ? Überlandleitungen, soweit die Füße tragen und das Auge schaut, nicht nur auf dem Land, auch in der Stadt (Überstadtleitungen?) oder gerade in der Stadt. Zur Freude eines jeden Fotografen: kein Bild ohne diese attraktiven Strippen und Masten und baumelnden Ampel entlang der Straßen, auf jeder Kreuzung (kunstvoll verwirrend, ineinander verschlungen)- da sieht der Betrachter gleich: hier gibt’s Licht, Wärme und Geborgenheit, wenn auch etwas chaotisch und verworren, aber hier kann ich siedeln. Ein lustiges Spiel für Wind und Wetter.

Fällt ein Mast – und das passiert schnell mal – tritt ein Domino-Effekt ein, bis zum Schluss die halbe Stadt ohne Strom und Telefonverbindung ist, abgeschnitten vom Rest der Welt – und der Zustand kann dauern. Jeder ist gut beraten, einen eigenen Stromgenerator im Haus zu haben, der groß genug ist, das Kühl- und Gefrierhaus in der Küche am Laufen zu halten, denn ein Drink ohne Eis bedeutet den Tod eines jeden Amerikaners. Ein eisgekühlter Drink, das behagliche Glimmen des künstlichen Kaminfeuers und die SUV’s drumrum drapiert (wie die Wagenburgen beim Treck Richtung Westen) – so kann jeder Naturgewalt getrotzt werden, tagelang.

Apropo Westen: NC ist ein Ostküstenstaat, will heißen, dass diese bodenständigen Menschen nie das große Abenteuer westwärts gewagt haben, weshalb sie auch ein bisschen träge und fett wurden. Aber die Wirtschaft brummte – zum mindesten bis vor wenigen Jahren. NY ist nicht weit, nur ca 90 Min Flug oder 10 Std. Highway, und so fielen die Yankees hier ein. Die Mischung, die dabei rausgekommen ist, ist schon bemerkenswert: „Komm ich heut nicht, komm ich morgen, aber dann mit Macht und meinem ausgeprägten Egoismus – den man hier übrigens mit Individualismus verwechselt. Na ja, kann ja schon mal passieren und die Grenzen sind eh fließend.
Aber zurück zum Strom: Amerikaner sind per se keine Strom- resp. Energie-Sparer.

Die alten Holzhäuser sind so zugig und wenig isoliert, die Fenster bieten nicht nur den freien Blick sondern sind auch frei von jedweder Isolierverglasung, dass im Sommer, und der beginnt früh und bleibt lange, Tag und Nacht die Klimaanlagen laufen, meist ältere und und höchst ineffiziente Rappelmonster, die außer kühler Luft auch noch jede Menge Dreck ins Wohnzimmer blasen, und natürlich auch die unmittelbare Umgebung kühlen, das merkt nur keiner.

Neue Häuser sind besser isoliert, ähneln aber eher einer Trutzburg mit kleinen Schießscharten, Fenster genannt. Hier muss Tag und Nacht die Festbeleuchtung eingeschaltet sein, um von außen gesehen und beneidet zu werden und innen kein Blindenstock benutzt werden muss.
Und der Strom für unser Condo? Wo kommt der her?

An jedem Condo ist der Stromzähler außen und für jederman sichtbar und zugänglich montiert. Das hat den Vorteil, dass man den Stromableser nicht ins Haus lassen muss. Der Nachteil liegt auf der Hand: Unsere Nachbarn wussten, dass unser Condo 2 mal im Jahr unbewohnt war und Gelegenheit macht Diebe: Der Strom hinter unserem Stromzähler wurde „einfach umgeleitet“. Will heißen: natürlich kommt der Strom aus der Steckdose, genau wie in Deutschland. Die Frage ist nur: Aus wessen Steckdose? God bless America !!
Der Koch- und Backherd …. oder das perfekte Rezept für Karamellbonbons
Man nehme
1 kleine nicht zu dickwandige Plastikschale (ca. 10 cm Durchmesser)
fülle diese mit ganz normalem Haushaltszucker und stelle sie auf die Herdplatte hinten rechts, wo das Entlüftungsrohr des Backherdes endet,
dann den Backherd einschalten und warten
Nach einer kleinen Weile, wenn’s langsam anfängt zu stinken, kann man schon mal nachschauen.
Wenn die kleine Plastikschale mit samt dem Zucker geschmolzen ist, schaltet man den Backofen wieder aus und lässt ihn abkühlen.

Dann muss man nur noch das Karamell aus dem Ofen kratzen – schmeckt allerdings ein bisschen komisch nach Plastik.
Dies ist keine „typisch-amerika-Geschichte“ sondern eine deutsche! Ich hatte die amerikanische Backofenkonstruktion nicht genauer analysiert und doch glatt das Entlüftungsrohr dahinten rechts übersehen. Jedenfalls war’s nicht leicht, den Karamell-Belag aus dem Backofen zu entfernen und wir sind erst mal losmarschiert, um nach einem neuen Koch- und Backherd Ausschau zu halten. Die für uns (finanziell) in Frage kamen, waren riesige weiße Monster mit dem Steuerpaneel hinten an der Wand – um die Steuerknöpfe zu erreichen, muss man über die heißen Platten/Kochtöpfe greifen (ich empfehle überlange Asbesthandschuhe). Die Begründung für die Konstruktion: Kleinkinder (mit überlangen Armen) können das Paneel nicht bedienen und unbeabsichtigt den Herd einschalten. Ist für mich zu unpraktisch und auch sonst haben mir die weißen Monster nicht zugesagt (der Kühlschrank war schon Monster genug in unserer kleinen Küche). Also habe ich meinen Mann überredet, den alten Herd zu säubern, was ihm auch mit viel Mühe, aber perfekt geglückt ist, und ich hab das gute alte Stück zufrieden gewienert und geputzt und ab sofort die hintere rechte Herdplatte immer „Zuckerfrei“ gehalten.

Ein Stövchen oder ein bisschen deutsche Gemütlichkeit
Was heißt „Stövchen“ auf amerikanisch? Frei übersetzt „Tea warmer“. Für das Wort „Stövchen“ gibt es keine adäquate Übersetzung. Und nun gehen Sie mal in einen Laden und fragen nach einem tea warmer. Man wird Ihnen alles präsentieren nur kein Stövchen. Der Versuch der Beschreibung zaubert nur absolutes Unverständnis und völlige Ahnungslosigkeit auf das Gesicht des Verkäufers. Beim Stichwort „Kerze-Candle“ schien ihm eine Idee zu kommen und wir wurden in einen Kerzenladen geschickt, aber Stövchen gab’s da auch nicht und die Reaktionen waren ähnlich wie im Haushaltswarenladen. Das Stichwort „Tea warmer“ schickte uns zurück ins Haushaltswarengeschäft und so weiter und so weiter… Und so wurden wir mindestens 3 mal im Kreis geschickt: Keiner verstand uns! Diese alten Europäer sind aber auch komisch! Durch Zufall hab ich dann ein angestaubtes Stövchen in der hintersten oberen Ecke eines Regals entdeckt. Die Verkäuferin hat das Teil angeschaut wie ein UFO und hatte absolut keine Idee, wozu das gut sein sollte. Es war unter einer Staubschicht nur schwer als Stövchen auszumachen und „on sale“ also runtergesetzt, aber die Verkäuferin meinte: This must be an brand new item, I’ve never seen it befor“ – oh oh. Aber ich hatte mein Stövchen und konnte unsere amerikanischen Gäste mal wieder in Staunen versetzen. „Look, it works without plug in – Schau, es funktioniert ohne Strom!!“

Allerdings fanden sie meinen YOGA Tee ebenso exotisch (eigentlich ungenießbar) wie den „Tea warmer“. In den Südstaaten trinkt man Ice tea und den gibt’s in opulenten 3 Varianten: unsweatend, medium und sweat – Letztere mit Abstand am liebsten – es muss sich ja lohnen – 2 seconds on your lips 20 years on your hips.
Wie sich die Damen kleiden – Lagerfeld zum Lagern auf dem Feld
Schaut man sich um in Raleigh mit Augenmerk darauf, wie sich die weiblichen Amerikaner kleiden, dann sieht man auf den ersten Blick keinen Unterschied zu Mittel-Europäerinnen. Ein 2. Blick lohnt – wie bei allem und jedem und überall und lassen Sie sich, um Himmels Willen, nicht von der Soap „Desperate Housewives“ in die Irre führen…
North Carolina gehört zu Nordamerikas Südstaaten und das Klima ist entsprechend: mediterran bis subtropisch; im Sommer jedenfalls heiß, der Frühling kommt früh, Temperaturen von 25-30° sind im März keine Seltenheit, die Temperaturschwankungen sind Achterbahn-mäßig und den feinen Landregen gibt’s eher selten, dafür mehr die tropischen Regengüsse, es gießt wie aus Kübeln. Wie man/frau sieht: eine echte Herausforderung für die modisch bewusste Dame.
Kurze Hosen – ich kannte sie in meiner Jugend als „Hot-Pants“ – sind sehr beliebt, weil sehr bequem, sind hier aber weder hot noch in irgendeiner Art attraktiv – sondern eher zum Wegrennen. Wahrscheinlich haben die Damen keine Spiegel zu Hause oder die sind von der Feuchtigkeit so beschlagen, dass das Spiegelbild nicht so genau zu erkennen ist. In der Fotografie nennt man sowas dann Fettblende, womit wir schon den Nagel auf den Kopf getroffen haben und mitten im Thema sind: Fett ist offensichtlich in; denn ich hab noch nie so viele fette Menschen gesehen wie in USA. Nein, ich war auch nicht immer Größe 38, schaffte es sogar zu besten Zeiten bis Größe 44, war aber immer bemüht, dies mit mehr oder weniger Erfolg durch entsprechende Kleidung zu kaschieren. Hier scheint’s nach dem Motto zu gehen: Zeig, was Du hast, den Stau am mittleren Ring, den liebevoll aufgebauten Fastfood-Bauch, die Krampfadern und Besenreißer, das Doppel- und Dreifach-Kinn lässt sich eh nicht verbergen. Alles wird in kurze Hosen, ein verwaschenes, in den meisten Fällen „Figur-betonendes“ Schlabber-T-Shirt und Jesuslatschen gepresst und mit der Leichtigkeit eines Nilpferds im Shopping-Center bei des Amerikaners liebsten Freizeitbeschäftigung zur Schau gestellt – in der linken Hand die Einkaufstüten, in der rechten Hand die Kalorienbombe und die Kinder kullern hinterher – und es trifft uns die erschreckende Erkenntnis: auch diese Äpfel fallen nicht weit vom Stamm.

Diesen Kleidungsstil nennt man dann „casual“, wenn man casual mit zwanglos übersetzt, dann triftt’s das schon ganz gut: tu Dir keinen Zwang an und wenn’s dem Betrachter dieser Prächtigkeit dabei nicht so gut geht (ich neige dazu, mich beschämt zur Seite zu wenden) – schade auch, aber sein Problem. Und das nennt man dann das zwanglose Selbstbewusstsein – das, wofür wir alten Europäer diese dynamisch junge amerikanische Nation ja so gerne bewundern.
Unser „Green way“ zum Shelly lake – direkt vor der Haustür

Wie Hans-guck-in-die-Luft bin ich diesen Weg mit nicht enden wollender Begeisterung gegangen:
hohe, Schatten spendende Bäume, ein kleiner Bach, üppig blühendes Buschwerk, exotische, zwitschernde Vögel, jede Menge Eichhörnchen, zahlreiche Gänse-Familien, Fischreiher, Wasserschildkröten und ein kleiner Stausee – mit einem Wort fantastisch für Spaziergänger, Jogger, Radler, etc. Radler, die Dich von hinten kommend überholen wollen, warnen Dich „to your left/right“, damit Du Dich nicht erschrickst und aufpasst; jeder ist freundlich, man grüßt sich und oft kommt es auch zu einem kleinen Plausch, obwohl man sich nicht kennt und hier zum ersten und wahrscheinlich letzten Mal begegnet.
Von unserem Condo aus war diese Oase in 2 Minuten zu erreichen und ich brauchte ca. 90 -100 Minuten für eine Runde zu Fuß, mein Mann ca. 30 Minuten mit dem Fahrrad. Es mochte noch so heiß und hektisch sein in der Stadt, hier war es schattig, kühl, frisch und ruhig. Diesen Weg vermisse ich.

Häuser mit Stil und Eigentum verpflichtet

Viele Südstaatler fühlen sich wohl immer noch wie die Pioniere, die ein Land erobern müssen: Häuser werden hier fast noch genauso gebaut, wie zu Zeiten der großen Trecks, nämlich aus Holz schnell zusammen gezimmert, nix für die Ewigkeit (wir müssen ja weiter), ein großer Raum, den man direkt von draußen und ohne Umweg betritt und schnell wieder verlassen kann (in der hintersten Ecke ist die Kochstelle mit offenem Kamin, damit Santa zu Weihnachten weiß, wo er die Geschenke reinschmeißen muss), mit eingebauten Schränken für Kleidung und kleinen Kammern fürs Bett, mit kleinen Fenstern, die auch als Schießscharten genutzt werden können, mit der Veranda, an deren Geländer die Pferde angebunden werden können, mit dem Schaukelstuhl drauf, dem Haken an der Wand, wo der Henry-Stutzen hängt und alles so, dass man binnen kurzer Zeit sein Gschlamp zusammen packen, in den großen 4-Rad-getriebenen SUV vor der Tür laden und (fluchtartig) das Terrain verlassen kann. Da manche inzwischen etwas picki mit ihren Autos sind, ist die große Scheune nebenan, wo auch schon früher das Fortbewegungsmittel und die Pferde untergebracht waren, zur fest verschließbaren Garage umgebaut, doppelt so groß wie das Haus mit ferngesteuertem Tor und Alarmanlage zur Abschreckung von Pferdedieben, die dann, und auch das ist gute alte Tradition, vom Hausherrn mit dem Henry-Stutzen erschossen werden. Nein, das ist keine Straftat, so steht’s in der Verfassung; denn jeder Landeigentümer darf, ja ist sogar verpflichtet, sein Hab und Gut – mit der Waffe in der Hand- zu verteidigen – trifft er den Richtigen, ist alles gut – trifft er den Falschen ist das bedauerliches Einzelschicksal. (Nachbar’s Katze lebt gefährlich…) Wo kämen wir denn ohne solches Recht hin! Das zu verbieten oder zu bestrafen wäre fast noch schlimmer als eine allgemeine Krankenversicherung einzuführen, obwohl dieses Ansinnen kaum zu toppen ist – God bless America, my home sweet home